Der Entschluss, nach Jerusalem zu gehen

 Pfeiloben 

© Karl-Heinz Vanheiden 

Letzte Korrektur Februar 2007

Die Ereignisse umfassen den Zeitraum von Oktober bis Dezember 29 n.Chr.

Ungläubige Brüder
Johannes 7,2-9

Kurz bevor die Juden ihr Laubhüttenfest feierten, sagten seine Brüder zu ihm: "Geh nach Judäa, damit deine Jünger auch dort sehen können, was für Wunder du tust. Wer bekannt werden möchte, versteckt seine Taten doch nicht. Falls du wirklich so wunderbare Dinge tust, dann zeige dich auch vor aller Welt." Denn nicht einmal seine Brüder glaubten an ihn.

Doch Jesus erwiderte: "Für mich ist die richtige Zeit noch nicht gekommen, aber ihr könnt jederzeit gehen. Euch kann die Welt nicht hassen, aber mich hasst sie, weil ich ihr immer wieder bezeuge, dass ihre Taten böse sind. Ihr könnt ruhig zu dem Fest gehen. Ich komme jetzt nicht. Für mich ist die Zeit noch nicht da." Mit dieser Antwort ließ er sie gehen und blieb in Galiläa.

Entschluss: nach Jerusalem
Lukas 9,51-56; Johannes 7,10

Als die Zeit näherrückte, in der Jesus in den Himmel zurückkehren sollte, machte er sich entschlossen auf den Weg nach Jerusalem(b). Das war kurz nachdem seine Brüder zum Fest gezogen waren. Er schickte Boten voraus. Diese kamen in ein Dorf in Samarien(c) und wollten eine Unterkunft für ihn vorbereiten. Doch die Samariter nahmen ihn nicht auf, weil er nach Jerusalem ziehen wollte. Als die beiden Jünger Jakobus und Johannes das hörten, sagten sie zu Jesus: "Herr, sollen wir befehlen, dass Feuer vom Himmel fällt und sie vernichtet?" Doch Jesus drehte sich zu ihnen um und wies sie streng zurecht. Sie übernachteten dann in einem anderen Dorf.

(b) Jerusalem lag 4 bis 5 Tagereisen entfernt.
(c) Landschaft zwischen Galiläa im Norden und Judäa im Süden Israels.

Der Preis

Matthäus 8,19-22; Lukas 9,57-62

Als sie weitergingen, wurde Jesus von einem Mann angesprochen, einem Gesetzeslehrer. "Rabbi(a)", sagte dieser, "ich will dir folgen, wohin du auch gehst." Doch Jesus entgegnete ihm: "Die Füchse haben ihren Bau und die Vögel haben ihre Nester, aber der Menschensohn(b) hat keinen Platz, wo er sich ausruhen kann."

(a) Hebräische Anrede: mein Herr (mein Lehrer, mein Meister)!
(b) Menschensohn ist eine von Jesus bevorzugte Selbstbezeichnung. Er knüpft damit an ein Wort Daniels (7,13) an, wo der zukünftige Herrscher des Gottesreiches angekündigt wird.

Zu einem anderen sagte Jesus: "Komm, folge mir nach!" Doch der - es war einer von seinen Jüngern - antwortete: "Herr, erlaube mir, zuerst nach Hause zu gehen und meinen Vater zu begraben." - "Lass die Toten ihre Toten begraben!", entgegnete ihm Jesus. "Folge du mir nach! Deine Aufgabe ist es, die Botschaft vom Reich Gottes zu verkündigen."

Wieder ein anderer sagte: "Herr, ich will ja gerne mit dir gehen, aber erlaube mir doch, erst noch von meiner Familie Abschied zu nehmen." Doch Jesus sagte: "Wer seine Hand an den Pflug legt und dann nach hinten sieht, der ist für das Reich Gottes nicht brauchbar."

Die Lehre
Johannes 7,11-24

Während des Festes suchten ihn die führenden Juden. "Wo ist er nur?", fragten sie. Überall tuschelten die Leute über ihn. "Er ist ein guter Mensch", meinten die einen. "Nein", widersprachen die anderen, "er verführt das Volk!" Doch keiner sagte seine Meinung öffentlich, denn sie hatten Angst vor den führenden Juden.

In der Mitte der Festwoche ging Jesus zum Tempel hinauf und begann dort das Volk zu unterrichten. Da wunderten sich die Juden: "Wie kommt es, dass er die Schrift so gut kennt? Er hat doch keinen Lehrer gehabt!" Jesus ging gleich darauf ein und sagte: "Meine Lehre stammt nicht von mir. Ich habe sie von dem, der mich gesandt hat. Wer bereit ist, das zu tun, was Gott will, wird erkennen, ob meine Lehre von Gott ist oder ob ich sie mir selbst ausgedacht habe. Wer seine eigenen Anschauungen vorträgt, dem geht es um seine eigene Ehre. Glaubwürdig ist jemand, dem es um die Ehre eines anderen geht, um die Ehre von dem, der ihn gesandt hat. Der hat keine falschen Absichten. Mose hat euch doch das Gesetz gegeben. Aber keiner von euch lebt danach und mich wollt ihr sogar töten."

"Du bist ja besessen!", riefen die Zuhörer. "Wer will dich denn töten?" Jesus gab ihnen zur Antwort: "Ich habe nur eine einzige Sache am Sabbat getan und ihr alle wundert euch immer noch darüber. Ihr beschneidet eure Söhne doch auch am Sabbat, wenn es sein muss, denn Mose hat euch die Beschneidung vorgeschrieben, und eigentlich geht sie sogar auf unsere Stammväter zurück. Wenn ein Mensch also auch am Sabbat beschnitten wird, um das Gesetz des Mose nicht zu brechen, warum seid ihr dann so aufgebracht, weil ich einen ganzen Menschen am Sabbat gesund gemacht habe? Urteilt nicht nach dem äußeren Eindruck, sondern so, wie es wirklich dem Gesetz entspricht."

Haftbefehl
Johannes 7,25-36

Einige Jerusalemer sagten zueinander: "Ist das nicht der, den sie umbringen wollten? Da lehrt er hier in aller Öffentlichkeit und sie sagen kein Wort. Sollten unsere Oberen wirklich erkannt haben, dass er der Messias ist? Doch den hier kennen wir ja und wissen, woher er ist. Wenn der Messias kommt, weiß aber niemand, woher er stammt." Da rief Jesus während er das Volk im Tempel unterwies: "Ja, ihr denkt, ihr kennt mich und wisst, woher ich komme. Aber ich bin nicht in meinem eigenen Auftrag gekommen. Der wahrhaftige Gott hat mich gesandt, und den kennt ihr nicht! Ich aber kenne ihn, weil ich von ihm komme. Und er ist es, der mich geschickt hat." Da wollten sie ihn festnehmen lassen. Doch keiner wagte es, Hand an ihn zu legen, weil seine Stunde noch nicht gekommen war.

Viele in der Menge glaubten an ihn. Sie sagten zueinander: "Wird der Messias, wenn er kommt, wohl mehr Wunder tun, als dieser Mann sie getan hat?" Als die Pharisäer dieses Gerede im Volk mitbekamen, sorgten sie dafür, dass die obersten Priester einige Männer von der Tempelwache losschickten, um Jesus verhaften zu lassen.

Währenddessen sagte Jesus zu der Menschenmenge: "Ich werde nur noch kurze Zeit hier bei euch sein, dann gehe ich zu dem zurück, der mich gesandt hat. Ihr werdet mich suchen, aber nicht finden. Und wo ich dann bin, da könnt ihr nicht hinkommen." - "Wo will er denn hin?", fragten sich die Juden verständnislos. "Wo sollen wir ihn nicht finden können? Will er etwa ins Ausland gehen und den fremden Völkern seine Lehre bringen? Was soll das heißen, wenn er sagt: 'Ihr werdet mich suchen, aber nicht finden'? und 'Wo ich bin, da könnt ihr nicht hinkommen'?"

Provokation
Johannes 7,37-39

Am letzten Tag, dem Höhepunkt des Festes, stellte sich Jesus vor die Menge hin und rief: "Wenn jemand Durst hat, soll er zu mir kommen und trinken! Wenn jemand an mich glaubt, werden Ströme von lebendigem Wasser aus seinem Inneren fließen, so wie es die Schrift sagt"(a). Er meinte damit den Heiligen Geist, den die erhalten sollten, die an ihn glauben würden. Der Geist war zu diesem Zeitpunkt noch nicht gekommen, weil Jesus noch nicht in Gottes Herrlichkeit zurückgekehrt war.

(a) Jesus bezieht sich hier offenbar auf mehrere Stellen im Alten Testament, wie z.B. Jesaja 58,11 und Sacharja 14,8.

Verhaftungsversuch
Johannes 7,40-8,1

Als sie das gehört hatten, sagten einige aus der Menge: "Das ist wirklich der Prophet, der kommen soll." Manche sagten sogar: "Er ist der Messias!" - "Der Messais kommt doch nicht aus Galiläa!", entgegneten andere. "Hat die Schrift nicht gesagt, dass der Messias ein Nachkomme Davids sein und aus Bethlehem(b), der Stadt Davids, kommen wird?" So kam es wegen Jesus zu einer Spaltung in der Menge. Einige wollten ihn verhaften lassen, aber keiner wagte es, ihn anzufassen.

(b) Bethlehem liegt 7 km südlich von Jerusalem und war die Heimatstadt von König David.

Als die Männer der Tempelwache zu den obersten Priestern und den Pharisäern zurück kamen, fragten diese: "Warum habt ihr ihn nicht hergebracht?" - "Noch nie haben wir einen Menschen so reden hören", erwiderten die Männer. "Hat er euch denn auch verführt?", herrschten die Pharisäer sie an. "Glaubt denn ein einziger von den oberen Priestern oder den Pharisäern an ihn? Das macht doch nur dieses verfluchte Volk, das keine Ahnung vom Gesetz hat!"

Da sagte Nikodemus, der selbst ein Pharisäer war und Jesus einmal aufgesucht hatte: "Verurteilt unser Gesetz denn einen Menschen, ohne dass man ihn vorher verhört und seine Schuld festgestellt hat?" - "Bist du etwa auch aus Galiläa?", gaben sie zurück. "Untersuch doch die Schriften, dann wirst du sehen, dass kein Prophet aus Galiläa kommen kann!" Dann gingen sie alle nach Hause.(c) Jesus aber ging zum Ölberg.

(c) Der Abschnitt von Kapitel 7,53 bis 8,11 fehlt in den ältesten uns erhaltenen Handschriften. Der Text ist jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit authentisch, da er schon von den frühen Christen als apostolisch anerkannt wurde.

Die Falle mit der Frau
Johannes 8,2-11

Doch schon früh am nächsten Morgen war er wieder im Tempel. Als dann das ganze Volk zu ihm kam, setzte er sich und begann sie zu unterweisen. Da führten die Gesetzeslehrer und die Pharisäer eine Frau herbei, die beim Ehebruch ertappt worden war. Sie stellten sie in die Mitte und sagten zu ihm: "Rabbi, diese Frau wurde beim Ehebruch auf frischer Tat ertappt. Im Gesetz schreibt Mose vor, solche Frauen zu steinigen. Was sagst du nun dazu?" Mit dieser Frage wollten sie ihm eine Falle stellen, um ihn dann anklagen zu können. Aber Jesus beugte sich vor und schrieb mit dem Finger auf die Erde. Doch sie ließen nicht locker und wiederholten ihre Frage. Schließlich richtete er sich auf und sagte: "Wer von euch ohne Sünde ist, soll den ersten Stein auf sie werfen!" Dann beugte er sich wieder vor und schrieb auf die Erde. Von seinen Worten getroffen zog sich einer nach dem anderen zurück, die Ältesten zuerst. Schließlich war Jesus mit der Frau allein. Sie stand immer noch an der gleichen Stelle. Er richtete sich wieder auf und sagte: "Frau, wo sind sie hin? Hat keiner dich verurteilt?" - "Keiner, Herr", erwiderte sie. Da sagte Jesus: "Ich verurteile dich auch nicht. Du kannst gehen. Doch hör auf zu sündigen."

Der Zeuge des Lichts
Johannes 8,12-30

Bei einer anderen Gelegenheit sagte Jesus zu den Leuten: "Ich bin das Licht der Welt! Wer mir folgt, wird nicht mehr in der Finsternis umherirren, sondern wird das Licht haben, das zum Leben führt." Da sagten die Pharisäer zu ihm: "Jetzt bist du unglaubwürdig, denn du trittst als Zeuge für dich selbst auf." Jesus erwiderte: "Auch wenn ich als Zeuge für mich selbst spreche, ist meine Aussage dennoch wahr. Denn ich weiß, woher ich gekommen bin und wohin ich gehe. Aber ihr wisst nicht, woher ich komme und wohin ich gehe. Ihr urteilt nach menschlichen Maßstäben, ich verurteile niemand. Und selbst wenn ich ein Urteil ausspreche, so ist es doch richtig, weil ich nicht allein dastehe, sondern in Übereinstimmung mit dem Vater bin, der mich gesandt hat. Auch in eurem Gesetz steht ja geschrieben, dass die übereinstimmende Aussage von zwei Zeugen gültig ist. Der eine Zeuge bin ich und der andere ist der Vater, der mich gesandt hat." - "Wo ist denn dein Vater?", fragten sie. Jesus erwiderte: "Weil ihr nicht wisst, wer ich bin, wisst ihr auch nicht, wer mein Vater ist. Würdet ihr mich kennen, dann würdet ihr auch meinen Vater kennen." Diese Worte sagte Jesus als er im Tempel lehrte. Das geschah in der Nähe der Stelle, wo die Kästen für die Geldspenden aufgestellt waren. Aber niemand nahm ihn fest, denn seine Stunde war noch nicht gekommen.

Jesus wandte sich wieder an seine Zuhörer. "Ich werde fortgehen", sagte er. "Ihr werdet mich suchen, aber ihr werdet in eurer Sünde sterben, denn ihr könnt nicht dorthin kommen, wo ich hingehe." - "Will er sich etwa das Leben nehmen?", fragten sich die Juden. "Warum sagt er sonst: 'Da wo ich hingehe, da könnt ihr nicht hinkommen'?" Doch Jesus fuhr fort: "Ihr seid von hier unten, aber ich komme von oben. Ihr seid von dieser Welt, aber ich bin nicht von dieser Welt. Aus diesem Grund sagte ich, dass ihr in eurer Sünde sterben werdet. Denn wenn ihr nicht glaubt, dass ich der bin, auf den es ankommt, werdet ihr in eurer Sünde sterben!" - "Wer bist du denn?", fragten sie. "Ich bin der, als den ich mich immer bezeichnet habe", erwiderte Jesus. "Ich hätte noch viel über euch zu sagen und allen Grund, euch zu verurteilen, aber ich sage der Welt nur das, was ich von dem gehört habe, der mich gesandt hat; und was er sagt ist wahr." Aber sie verstanden immer noch nicht, dass er von Gott, dem Vater, zu ihnen sprach. Deshalb sagte er zu ihnen: "Wenn ihr den Menschensohn erhöht habt, werdet ihr begreifen, dass ich der bin, auf den es ankommt, und werdet erkennen, dass ich nichts von mir selbst aus tue, sondern nur das sage, was der Vater mich gelehrt hat. Und er, der mich gesandt hat, steht mir bei und lässt mich nicht allein. Denn ich tue immer, was ihm gefällt." Als Jesus das sagte, glaubten viele an ihn.

Sprösslinge des Teufels
Johannes 8,31-59

Zu den Juden, die an ihn geglaubt hatten, sagte Jesus nun: "Wenn ihr bei dem bleibt, was ich euch gesagt habe, seid ihr wirklich meine Jünger. Dann werdet ihr die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird euch frei machen." - "Aber wir sind doch Nachkommen Abrahams!", entgegneten sie. "Wir sind nie Sklaven von irgendjemand gewesen. Wie kannst du da sagen: Ihr müsst frei werden?" - "Ich versichere euch nachdrücklich", erwiderte Jesus: "Jeder, der sündigt, ist Sklave der Sünde. Ein Sklave gehört nicht für immer zur Familie, nur der Sohn gehört immer dazu. Wenn euch also der Sohn frei macht, seid ihr wirklich frei.

Ich weiß, dass ihr Nachkommen Abrahams seid. Trotzdem wollt ihr mich umbringen, und zwar deshalb, weil meine Worte keinen Raum in euch finden. Ich rede von dem, was ich bei meinem Vater gesehen habe. Auch ihr tut, was ihr von eurem Vater gehört habt." - "Unser Vater ist Abraham!", protestieren sie. "Nein", erwiderte Jesus, "wenn ihr wirklich Kinder von Abraham wärt, würdet ihr auch so handeln wie er. Statt dessen versucht ihr, mich zu töten - mich, der ich euch die Wahrheit von Gott gesagt habe. So etwas hätte Abraham nicht getan. Nein, ihr handelt so wie euer wirklicher Vater!" - "Wir stammen doch nicht aus einem Ehebruch!", protestierten sie. "Wir haben nur einen einzigen Vater, und das ist Gott!" - "Wenn Gott euer Vater wäre", hielt Jesus ihnen entgegen, "dann würdet ihr mich lieben. Denn ich bin von Gott zu euch gekommen, in seinem Auftrag und nicht aus eigenem Entschluss. Warum versteht ihr denn nicht, was ich sage? Weil ihr gar nicht fähig seid, mein Wort zu hören! Euer Vater ist nämlich der Teufel und ihr wollt das tun, was euer Vater will. Er war von Anfang an ein Mörder und hat die Wahrheit immer gehasst, weil keine Wahrheit in ihm ist. Wenn er lügt, entspricht das seinem ureigensten Wesen. Er ist der Lügner schlechthin und der Vater jeder Lüge. Und ihr glaubt mir nicht, gerade weil ich die Wahrheit sage. Wer von euch kann mir auch nur eine Sünde nachweisen? Wenn ich aber die Wahrheit sage, warum glaubt ihr mir dann nicht? Wer Gott zum Vater hat, hört auf das, was Gott sagt. Aber ihr hört es nicht, weil ihr nicht von Gott stammt."

"Haben wir nicht recht?", empörten sich die Juden. "Du bist ein samaritanischer Teufel, ein Dämon hat dich in seiner Gewalt!" - "Nein", sagte Jesus, "ich bin nicht von einem Dämon besessen, sondern ich ehre meinen Vater. Aber ihr beleidigt mich! Doch ich suche keine Ehre für mich selbst. Das tut ein anderer für mich - und das ist der Richter! Ja, ich versichere euch: Wer sich nach meinen Worten richtet, wird niemals sterben."

Da sagten die Juden: "Jetzt sind wir sicher, dass du von einem Dämon besessen bist. Abraham ist gestorben und die Propheten auch, aber du sagst: 'Wer sich nach meinen Worten richtet, wird niemals sterben'. Bist du etwa größer als unser Vater Abraham und die Propheten, die alle gestorben sind? Für wen hältst du dich eigentlich?" Jesus erwiderte: "Wenn ich mich selbst ehren würde, wäre meine Ehre nichts wert. Doch es ist mein Vater, der mich ehrt, es ist der, von dem ihr behauptet, er sei euer Gott. Und dabei habt ihr ihn nie gekannt. Doch ich kenne ihn. Wenn ich sagen würde, dass ich ihn nicht kenne, wäre ich ein Lügner wie ihr. Aber ich kenne ihn und richte mich nach seinem Wort. Euer Vater Abraham sah dem Tag meines Kommens mit Jubel entgegen." - "Du bist noch keine fünfzig Jahre alt und willst Abraham gesehen haben?", hielten ihm die Juden entgegen. "Ja, ich versichere euch", sagte Jesus: "Ich war schon da, bevor Abraham überhaupt geboren wurde." Da hoben sie Steine auf, um ihn damit zu töten. Doch Jesus entzog sich ihren Blicken und verließ den Tempel.

Krank, damit die Heilung Gott ehrt
Johannes 9,1-34

Im Vorbeigehen sah Jesus einen Mann, der von Geburt an blind war. "Rabbi", fragten ihn seine Jünger neugierig, "wie kommt es, dass er blind geboren wurde? Hat er selbst gesündigt oder seine Eltern?" - "Es ist weder seine Schuld noch die seiner Eltern", erwiderte Jesus. "Er ist blind, damit Gottes Macht an ihm sichtbar wird. Wir müssen den Auftrag von dem, der mich gesandt hat, ausführen, solange es noch Tag ist. Es kommt die Nacht, in der niemand mehr wirken kann. Doch solange ich noch in der Welt bin, bin ich das Licht der Welt."

Dann spuckte er auf den Boden, macht einen Brei aus seinem Speichel und strich ihn auf die Augen des Blinden. "Geh zum Teich Schiloach"(a), befahl er ihm, "und wasch dir das Gesicht!" - Schiloach bedeutet "Gesandter". Der Mann ging hin, wusch sich und kam sehend zurück.

(a) Ein aus der Gihon-Quelle gespeister Teich im Süden Jerusalems. Den Tunnel von der außerhalb der Stadt liegenden Quelle durch den Felsen des Stadthügels hindurch hatte schon König Hiskia um 705 v.Chr. bauen lassen (siehe 2. Chronik 32,30).

Seine Nachbarn und andere, die ihn bisher nur als Bettler gekannt hatten, fragten sich verwundert: "Ist das nicht der, der hier immer bettelte?" Einige meinten: "Er ist es!", andere sagten: "Nein, er sieht ihm nur ähnlich." - "Doch, ich bin es!", erklärte der Blindgeborene. "Aber wieso kannst du auf einmal sehen?", fragten sie ihn. "Der Mann, der Jesus heißt", erwiderte er, "machte einen Brei, strich ihn auf meine Augen und sagte: 'Geh zum Schiloach und wasch dir dort das Gesicht!' Das tat ich und konnte auf einmal sehen." - "Und wo ist er jetzt?", fragten sie. "Ich weiß es nicht", erwiderte er.

Daraufhin brachten sie den ehemaligen Blinden zu den Pharisäern. Es war nämlich ein Sabbat gewesen, als Jesus den Brei gemacht und den Blinden geheilt hatte. Nun fragten auch die Pharisäer den Mann, wie es kam, dass er nun sehen könne. "Er strich einen Brei auf meine Augen, ich wusch mich und konnte wieder sehen." Da sagten einige der Pharisäer: "Dieser Mensch kann nicht von Gott sein, denn er hält den Sabbat nicht ein." - "Aber wie kann ein sündiger Mensch solche Wunder vollbringen?", hielten andere entgegen. Ihre Meinungen waren geteilt. Da fragten sie den Blindgeborenen noch einmal: "Was sagst du von ihm? Dich hat er ja sehend gemacht." - "Er ist ein Prophet", gab dieser zur Antwort.

Aber die führenden Juden wollten dem Geheilten nun nicht glauben, dass er blind gewesen war. Deshalb ließen sie seine Eltern holen und fragten: "Ist das euer Sohn? Stimmt es, dass er blind geboren wurde? Wie kommt es, dass er jetzt sehen kann?" Seine Eltern antworteten: "Das ist unser Sohn und wir wissen, dass er blind geboren wurde. Wie es kommt, dass er jetzt sehen kann, wissen wir nicht. Wir haben auch keine Ahnung, wer ihn geheilt hat. Fragt ihn doch selbst! Er ist alt genug und kann am besten Auskunft darüber geben." Sie sagten das aus Angst vor den führenden Juden, denn die hatten bereits beschlossen, jeden aus der Synagoge auszuschließen, der sich zu ihm als dem Messias bekennen würde. Aus diesem Grund hatten die Eltern gesagt: "Er ist alt genug, fragt ihn doch selbst."

Da riefen sie den Blindgeborenen zum zweiten Mal herein. "Gib Gott die Ehre und sag die Wahrheit!", forderten sie ihn auf. "Wir wissen, dass dieser Mensch ein Sünder ist." - "Ob er ein Sünder ist, weiß ich nicht", entgegnete der Geheilte. "Ich weiß nur, dass ich blind war und jetzt wieder sehen kann." - "Was hat er mit dir gemacht?", fragten sie. "Wie hat er dich von deiner Blindheit geheilt?" - "Das habe ich euch doch schon gesagt", entgegnete er. "Habt ihr denn nicht zugehört? Warum wollt ihr es noch einmal hören? Wollt ihr vielleicht auch seine Jünger werden?"

Da beschimpften sie ihn. "Du bist ein Jünger von diesem Menschen! Wir sind Jünger von Mose! Wir wissen, dass Gott zu Mose geredet hat. Aber bei diesem Menschen wissen wir nicht, woher er kommt." Der Geheilte entgegnete: "Das ist aber erstaunlich! Er hat mich von meiner Blindheit geheilt und ihr wisst nicht, woher er kommt? Wir wissen doch alle, dass Gott nicht auf Sünder hört. Er hört nur auf Menschen, die gottesfürchtig leben und tun, was er will. Und noch nie hat man davon gehört, dass jemand einen blind geborenen Menschen von seiner Blindheit geheilt hat. Wenn dieser Mann nicht von Gott käme, könnte er so etwas nicht tun." - "Du Sünder, du willst uns belehren?", herrschten sie ihn an. "Du bist ja schon in Sünde geboren!" Dann warfen sie ihn hinaus.

Der Sehende und die Blinden
Johannes 9,35-41

Jesus hörte von seinem Hinauswurf und suchte ihn auf. "Glaubst du an den Menschensohn(a)?", fragte er. "Herr, wenn du mir sagst, wer es ist, will ich ihm gehören." - "Er steht vor dir und spricht mit dir", sagte Jesus. "Herr, ich gehöre dir!", rief da der Geheilte. "Ich glaube!"

(a) Nach anderen Handschriften: Sohn Gottes.

"An mir müssen sich die Geister scheiden!", sagte Jesus: "Ich bin in die Welt gekommen, um solche, die nicht sehen können, zum Sehen zu bringen und denen, die sich für sehend halten, zu zeigen, dass sie blind sind." Einige Pharisäer, die in der Nähe standen, hörten das. "Sind wir etwa auch blind?", sagten sie zu Jesus. "Wenn ihr blind wärt", entgegnete Jesus, "dann wärt ihr ohne Schuld. Weil ihr aber behauptet, Sehende zu sein, bleibt eure Schuld bestehen."

Der gute Hirte entzweit
Johannes 10,1-21

"Ich versichere euch mit allem Nachdruck: Wer nicht durch das Tor in den Pferch für die Schafe hineingeht, sondern anderswo über die Mauer klettert, ist ein Dieb und ein Räuber. Der Hirt geht durch das Tor zu den Schafen hinein. Ihm öffnet der Wächter am Eingang, und auf seine Stimme hören auch die Schafe. Er ruft seine Schafe mit Namen einzeln aus der Herde heraus und führt sie ins Freie. Wenn er sie dann draußen hat, geht er vor ihnen her. Und sie folgen ihm, weil sie seine Stimme kennen. Einem Fremden würden sie nicht folgen, sondern weglaufen, weil sie seine Stimme nicht kennen."

Die Zuhörer verstanden nicht, was Jesus mit diesem Bild meinte. Jesus begann noch einmal: "Ja, ich versichere euch: Ich bin das Tor zu den Schafen. Alle, die vor mir gekommen sind, sind Diebe und Räuber. Aber die Schafe haben nicht auf sie gehört. Ich bin das Tor. Wenn jemand durch mich hineinkommt, wird er gerettet. Er wird ein- und ausgehen und gute Weide finden. Ein Dieb kommt nur, um Schafe zu stehlen und zu schlachten und Verderben zu bringen. Ich bin gekommen, um ihnen Leben zu bringen und alles reichlich dazu. Ich bin der gute Hirt. Ein guter Hirt ist bereit, sein Leben für die Schafe einzusetzen. Ein bezahlter Hirt, dem die Schafe nicht selbst gehören, läuft davon, wenn er den Wolf kommen sieht. Dann fällt der Wolf über die Schafe her und jagt die Herde auseinander. Einem bezahlten Hirten geht es nur um die Bezahlung. Die Schafe sind ihm gleichgültig. Ich bin der gute Hirt; ich kenne meine Schafe und meine Schafe kennen mich - so wie der Vater mich kennt und ich den Vater kenne. Und ich lasse mein Leben für die Schafe. Ich habe auch noch andere Schafe, die nicht aus diesem Pferch sind. Auch sie muss ich herführen. Sie werden auf meine Stimme hören und alle werden eine einzige Herde unter einem Hirten sein.

Und weil ich mein Leben hergebe, liebt mich mein Vater. Ich gebe es her, um es wiederzunehmen. Niemand nimmt es mir, sondern ich gebe es freiwillig her. Ich habe die Macht, es zu geben und die Macht, es wieder an mich zu nehmen. So lautet der Auftrag, den ich von meinem Vater erhalten habe."

Wegen dieser Worte entstand wieder ein Zwiespalt unter den Juden. Viele von ihnen sagten: "Er ist von einem bösen Geist besessen! Er ist verrückt! Warum hört ihr ihm überhaupt zu?" Aber andere meinten: "Nein, so redet kein Besessener. Kann etwa ein Dämon Blinden das Augenlicht wiedergeben?"

Der Voraustrupp
Lukas 10,1-12

Danach wählte der Herr siebzig andere Jünger aus und schickte sie zu zweit voraus in alle Städte und Dörfer, die er später selbst aufsuchen wollte. Er sagte zu ihnen: "Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter. Bittet deshalb den Herrn der Ernte, mehr Arbeiter auf seine Felder zu schicken. Geht! Ich sende euch wie Lämmer unter Wölfe. Nehmt keinen Geldbeutel mit, keine Vorratstasche und keine Sandalen. Und haltet euch unterwegs nicht auf, um Leute zu begrüßen. Wenn ihr in ein Haus kommt, sagt zuerst: 'Friede sei mit diesem Haus!' Wenn dort jemand bereit ist, den Frieden zu empfangen, wird euer Friede auf ihm ruhen, andernfalls wird er zu euch zurückkehren. Bleibt in diesem Haus, esst und trinkt, was sie euch vorsetzen; denn wer arbeitet, hat Anspruch auf Lohn. Geht aber nicht von Haus zu Haus! Wenn ihr in eine Stadt kommt und sie euch dort aufnehmen, dann esst, was man euch anbietet, heilt die Kranken, die da sind, und sagt den Leuten: 'Jetzt beginnt Gottes Herrschaft bei euch!'

Wenn ihr in eine Stadt kommt, wo euch niemand aufnehmen will, dann geht durch ihre Straßen und sagt: 'Selbst den Staub eurer Stadt schütteln wir von unseren Füßen, damit ihr gewarnt seid. Doch das eine sollt ihr wissen: Gottes Herrschaft bricht an.' Ich sage euch, es wird Sodom(a) am Tag des Gerichts erträglicher ergehen, als solch einer Stadt.

(a) Sodom. Stadt im Tal Siddim, die wegen der Sünde ihrer Bewohner von Gott vernichtet wurde (1. Mose 13,10-13; 19). Heute liegt sie vermutlich unter dem Toten Meer.

Wer nicht hören will muss fühlen
Matthäus 11,20-24; Lukas 10,13-16

Dann begann Jesus den Städten, in denen er die meisten Wunder getan hatte, vorzuwerfen, dass sie ihre Einstellung nicht geändert hatten: "Weh dir, Chorazin(b)! Weh dir, Betsaida(c)! Wenn in Tyrus und Sidon(d) die Wunder geschehen wären, die unter euch geschehen sind, sie hätten längst ihre Einstellung geändert, einen Trauersack angezogen und sich Asche auf den Kopf gestreut. Doch Tyrus und Sidon wird es im Gericht erträglicher ergehen als euch. Und du, Kafarnaum, meinst du etwa, du wirst zum Himmel erhoben werden? Nein, ins Totenreich musst du hinunter. Wenn in Sodom(e) die Wunder geschehen wären, die in dir geschehen sind, es würde heute noch stehen. Ich sage euch, es wird Sodom am Tag des Gerichts erträglicher ergehen als dir."

(b) Stadt in Obergaliläa, 5 km nördlich von Kafarnaum.
(c) Fischerdorf an der Mündung des Jordan in den See Gennesaret. Heute wahrscheinlich El-Aradsch.
(d) Phönizische Städte am Mittelmeer, etwa 60 bzw. 90 km nordwestlich vom See Gennesaret.
(e) Stadt im Tal Siddim, die wegen der Sünde ihrer Bewohner von Gott vernichtet wurde, heute vermutlich unter dem Toten Meer; siehe 1. Mose 13,10-13 und 1. Mose 19.

Wer auf euch hört, hört auf mich; und wer euch ablehnt, lehnt mich ab. Doch wer mich ablehnt, lehnt auch den ab, der mich gesandt hat."

Jesus jubelt
Matthäus 11,25-30; Lukas 10,17-24

Die Siebzig kehrten voller Freude zurück. "Herr", sagten sie, "selbst die Dämonen müssen uns gehorchen, wenn wir sie in deinem Namen ansprechen!" Jesus sagte ihnen: "Ich sah den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen. Ja, ich habe euch Vollmacht gegeben, auf Schlangen und Skorpione zu treten und die ganze Macht des Feindes zunichte zu machen. Nichts wird euch schaden können. Aber nicht darüber sollt ihr euch freuen, dass euch die Geister gehorchen. Freut euch viel mehr, dass eure Namen im Himmel aufgeschrieben sind."

In derselben Stunde wurde Jesus von der Freude des Heiligen Geistes erfüllt und rief: "Vater, du Herr über Himmel und Erde, ich preise dich, dass du das alles den Klugen und Gelehrten verborgen, aber den Unmündigen offenbar gemacht hast. Ja, Vater, so hast du es gewollt." Dann sagte er: "Alles ist mir von meinem Vater übergeben worden. Niemand außer dem Vater kennt den Sohn wirklich, und niemand kennt den Vater, außer dem Sohn und denen, welchen der Sohn es offenbaren will."

Zu seinen Jüngern sagte Jesus dann: "Glücklich zu preisen sind die, die sehen, was ihr seht. Denn ich sage euch: Viele Könige und Propheten hätten gern gesehen, was ihr seht, und haben es nicht gesehen; gern hätten sie gehört, was ihr hört, doch sie haben es nicht gehört."

Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und unter Lasten stöhnt! Ich werde euch ausruhen lassen. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir! Dann findet euer Leben Erfüllung, denn ich quäle euch nicht und habe ein demütiges Herz. Und mein Joch drückt nicht, meine Last ist leicht."

Wem bist du Mitmensch?
Lukas 10,25-37

Ein Gesetzeslehrer wollte Jesus auf die Probe stellen. "Rabbi", fragte er, "was muss ich getan haben, um das ewige Leben zu bekommen?" Jesus fragte zurück: "Was steht denn im Gesetz? Was liest du dort?" Er erwiderte: "Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, mit ganzer Hingabe, mit all deiner Kraft und mit deinem ganzen Verstand. Und deinen Nächsten sollst du lieben wie dich selbst."(a) "Du hast richtig geantwortet", sagte Jesus. "Tu das, dann wirst du leben!" Doch der Gesetzeslehrer wollte sich rechtfertigen. Deshalb fragte er Jesus: "Und wer ist mein Nächster"?

(a) 3. Mose 19,18

Jesus nahm die Frage auf und erzählte die folgende Geschichte: "Ein Mann ging von Jerusalem nach Jericho hinunter.(b) Unterwegs wurde er von Räubern überfallen. Sie nahmen ihm alles weg, schlugen ihn zusammen und ließen ihn halbtot liegen. Zufällig ging ein Priester den gleichen Weg hinunter. Er sah den Mann liegen und machte einen Bogen um ihn. Genauso verhielt sich ein Levit. Auch er machte einen großen Bogen um den Überfallenen. Schließlich näherte sich ein Samariter. Als er den Mann sah, empfand er tiefes Mitleid. Er ging zu ihm hin, behandelte seine Wunden mit Öl und Wein und verband sie. Dann setzte er ihn auf sein eigenes Reittier, brachte ihn in ein Gasthaus und versorgte ihn dort. Am nächsten Morgen zog er zwei Denare aus seinem Geldbeutel, gab sie dem Wirt und sagte: 'Kümmere dich um ihn! Wenn du noch mehr brauchst, will ich es dir bezahlen, wenn ich zurückkomme.' - Was meinst du?", fragte Jesus den Gesetzeslehrer. "Wer von den dreien hat als Mitmensch an dem Überfallenen gehandelt?" - "Der, der barmherzig war und ihm geholfen hat", erwiderte er. "Dann geh und mach es genauso!", sagte Jesus.

(b) Die Palmenstadt Jericho liegt 10 km nördlich des Toten Meeres und 8 km westlich des Jordans, eine Oase in öder Landschaft. Sie ist mit 259 Meter unter dem Meeresspiegel die tiefstgelegene Stadt der Welt und etwa 25 km von Jerusalem (750 Meter ü. NN) entfernt.

Zuhören statt dienen
Lukas 10,38-42

Auf ihrer Weiterreise kam Jesus in ein Dorf, wo ihn eine Frau mit Namen Martha in ihr Haus einlud. Sie hatte eine Schwester, die Maria hieß. Maria setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte ihm zu. Martha dagegen war sehr mit der Vorbereitung des Essens beschäftigt. Schließlich stellte sie sich vor Jesus hin. "Herr", sagte sie, "findest du es richtig, dass meine Schwester mich die ganze Arbeit allein tun lässt? Sag ihr doch, sie soll mir helfen!" - "Aber Martha", entgegnete ihr Jesus, "Martha, du bist beunruhigt und machst dir Sorgen um so viele Dinge! Notwendig ist aber nur eins. Maria hat das Bessere gewählt und das soll ihr nicht genommen werden."

Wie man beten soll
Lukas 11,1-13

Einmal hatte Jesus sich irgendwo zum Gebet zurückgezogen. Als er damit fertig war, sagte einer seiner Jünger zu ihm: "Herr, lehre uns beten. Johannes hat seine Jünger auch beten gelehrt." Jesus sagte zu ihnen: "Wenn ihr betet, dann sprecht:

Vater, dein heiliger Name werde geehrt! Deine Herrschaft komme! Gib uns jeden Tag, was wir zum Leben brauchen! Und vergib uns unsere Sünden! Auch wir vergeben jedem, der an uns schuldig geworden ist. Und führe uns nicht in Versuchung!"

Dann sagte er zu seinen Jüngern: "Angenommen, einer von euch geht mitten in der Nacht zu seinem Freund und sagt: 'Bitte leih mir doch drei Brote! Ein Freund von mir ist unerwartet auf Besuch gekommen und ich habe nichts zu essen im Haus.' Und stellt euch vor, jener würde von innen rufen: 'Lass mich in Ruhe! Die Tür ist schon abgeschlossen und meine Kinder liegen bei mir im Bett. Ich kann jetzt nicht aufstehen und dir etwas geben.' Ich sage euch, er wird es ihm schließlich doch geben - wenn auch nicht gerade aus Freundschaft. Aber schon wegen seiner Unverschämtheit wird er aufstehen und ihm geben, was er braucht.

Und ich sage euch: Bittet, und ihr werdet bekommen, was ihr braucht; sucht, und ihr werdet finden, klopft an, und es wird euch geöffnet! Denn wer bittet, empfängt; wer sucht, findet; und wer anklopft, dem wird geöffnet. Welcher Vater würde seinem Kind denn eine Schlange geben, wenn es ihn um einen Fisch bittet? Oder einen Skorpion, wenn es ihn um ein Ei bittet? So schlecht wie ihr seid, wisst ihr doch, was gute Gaben für eure Kinder sind, und gebt sie ihnen auch. Wie viel eher wird dann der Vater im Himmel denen den Heiligen Geist geben, die ihn darum bitten."

Diskurs über Dämonenaustreibung
Lukas 11,14-26

Einmal trieb Jesus einen stummen Dämon aus. Als der böse Geist von dem Mann ausgefahren war, konnte der Stumme reden. Die Leute staunten, aber einige sagten: "Kein Wunder, er treibt die Dämonen ja durch Beelzebul, den Oberdämon, aus." Andere wollten ihn auf die Probe stellen und forderten ein Zeichen aus dem Himmel von ihm. Jesus wusste genau, was sie dachten und sagte zu ihnen: "Ein Königreich, das gegen sich selbst kämpft, ist dem Untergang geweiht und seine Familien richten sich gegenseitig zugrunde. Wenn also der Satan gegen sich selbst kämpft und mir erlaubt, seine Dämonen auszutreiben, wie soll sein Reich dann bestehen können? Und wenn ich die Dämonen tatsächlich mit Hilfe von Beelzebul austreibe, wer gibt dann euren Leuten die Macht, Dämonen auszutreiben? Sie selbst werden deshalb über euch das Urteil sprechen. Wenn ich aber die Dämonen mit dem Finger Gottes austreibe, dann ist doch das Reich Gottes zu euch gekommen!

Solange ein starker Mann gut bewaffnet sein Gehöft bewacht, ist sein Besitz in Sicherheit. Wenn ihn jedoch ein Stärkerer angreift und besiegt, nimmt er ihm die Waffen weg, auf die er sich verlassen hat und verteilt die Beute.

Wer nicht auf meiner Seite steht, ist gegen mich, und wer nicht mit mir sammelt, zerstreut.

Wenn ein böser Geist einen Menschen verlässt, zieht er durch öde Gegenden und sucht nach einer Bleibe. Weil er aber keine findet, sagt er: 'Ich werde wieder in meine alte Behausung zurückgehen.' Er kehrt zurück und findet alles sauber und aufgeräumt. Dann geht er los und holt sieben andere Geister, die noch schlimmer sind als er selbst, und sie ziehen gemeinsam dort ein. So ist dieser Mensch am Ende schlechter dran, als am Anfang."

Wer glücklich ist
Lukas 11,27-28

Als Jesus das sagte, rief eine Frau aus der Menge: "Wie glücklich ist die Frau, die dich geboren hat und stillen durfte!" - "Ja", sagte Jesus, "doch wirklich glücklich sind die Menschen dran, die das Wort Gottes hören und befolgen."

Eine böse Generation
Lukas 11,29-36

Als immer mehr Leute sich herandrängten, sagte er: "Diese verdorbene Generation verlangt dauernd nach einem Zeichen. Doch es wird ihnen keins gegeben werden - nur das des Propheten Jona. Denn wie Jona für die Menschen von Ninive ein Zeichen war, so wird es der Menschensohn für diese Generation sein. Die Königin des Südens wird beim Gericht gegen die Männer dieser Generation auftreten und sie verurteilen. Denn sie kam vom Ende der Erde, um die Weisheit Salomos zu hören - und hier steht einer, der mehr bedeutet als Salomo. Im Gericht werden auch die Männer von Ninive auftreten und diese Generation schuldig sprechen. Denn sie haben ihre Einstellung auf Jonas Predigt hin geändert - und hier steht einer, der mehr bedeutet als Jona.

Niemand zündet eine Lampe an und versteckt sie dann irgendwo oder stellt sie unter einen Eimer, sondern er stellt sie auf den Lampenständer, damit die Hereinkommenden Licht haben. Dein Auge vermittelt dir das Licht. Wenn dein Auge klar ist, kannst du dich im Licht bewegen. Ist es schlecht, dann steht dein Körper im Finstern. Pass auf, dass das Licht, das du hast, nicht Dunkelheit ist! Wenn du ganz vom Licht durchdrungen bist und nichts mehr finster in dir ist, dann ist es so, als ob dich eine Lampe mit ihrem hellen Schein anstrahlt: alles steht im Licht."

Wehe euch Pharisäern!
Lukas 11,37-52

Kaum hatte Jesus aufgehört zu reden, bat ihn ein Pharisäer, zu ihm zum Essen zu kommen. Jesus ging mit ins Haus und legte sich zu Tisch. Der Pharisäer war überrascht, dass Jesus vor dem Essen nicht die übliche Waschung vorgenommen hatte. Da sagte der Herr zu ihm: "So seid ihr Pharisäer! Das Äußere von Bechern und Schüsseln haltet ihr sauber, was ihr aber drin habt, ist voller Habgier und Bosheit. Wie dumm von euch! Hat Gott, der das Äußere schuf, nicht auch das Innere gemacht? Gebt einmal den Armen, was ihr in den Bechern und Schüsseln habt, dann werdet ihr sehen, wie schnell es euch rein wird.

Doch weh euch, ihr Pharisäer! Von den kleinsten Küchenkräutern gebt ihr noch den Zehnten ab und lasst doch die Forderungen der Gerechtigkeit und Liebe Gottes außer Acht. Das eine hättet ihr tun und das andere nicht lassen sollen. Weh euch Pharisäer! Ihr liebt die Ehrenplätze in den Synagogen und die Grüße auf den Märkten. Weh euch! Ihr seid wie unkenntlich gemachte Gräber. Die Menschen laufen darüber hinweg und merken nicht, wie sie verunreinigt werden."

"Rabbi", sagte einer der Gesetzeslehrer, "damit greifst du auch uns an!" Jesus erwiderte: "Ja, weh auch euch Gesetzeslehrern! Ihr ladet den Menschen kaum tragbare Lasten auf und macht selbst keinen Finger krumm dafür. Weh euch! Ihr baut Grabmäler für die Propheten, die doch von euren Vorfahren umgebracht wurden. Damit bestätigt ihr die Schandtaten eurer Vorfahren und heißt sie auch noch gut, denn sie haben die Propheten getötet und ihr errichtet die Grabmähler. Deshalb hat die Weisheit Gottes auch gesagt: 'Ich werde Propheten und Apostel zu ihnen schicken; einige von ihnen werden sie umbringen, andere verfolgen.' Darum wird diese Generation zur Rechenschaft gezogen werden für die Ermordung aller Propheten seit Erschaffung der Welt, angefangen bei Abel bis hin zu Secharja(a), der zwischen dem Brandopferaltar und dem Haus Gottes umgebracht wurde. Weh euch, ihr Gesetzeslehrer! Ihr habt den Schlüssel zur Erkenntnis beiseite geschafft. Selbst seid ihr nicht hineingegangen, und die hineingehen wollten, habt ihr daran gehindert."

(a) siehe 1. Mose 4,8.10 und 2. Chronik 24,20-21. Gemeint ist wohl: alle Gerechten seit Erschaffung der Menschen bis zur Zeit von Jesus. Damit bestätigt der Herr die Gültigkeit des gesamten Alten Testaments, weil er ein Ereignis aus dem ersten und eins aus dem letzten Buch der hebräischen Bibel aufgreift.

Hütet euch vor der Heuchelei der Pharisäer!
Lukas 11,53-12,12

Als Jesus das Haus wieder verließ, setzten ihm die Gesetzeslehrer und die Pharisäer mit vielen Fragen hart zu. Sie lauerten darauf, ihn bei einer verfänglichen Äußerung zu ertappen.

Inzwischen waren Tausende von Menschen herbeigeströmt, so dass sie im Gedränge einander auf die Füße traten. Da wandte sich Jesus an seine Jünger. "Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer!", sagte er. "Ich meine, lasst euch nicht von der Heuchelei anstecken! Es kommt die Zeit, da wird alles offenbar werden. Alles, was jetzt noch geheim ist, wird öffentlich bekannt gemacht werden. Deshalb lasst euch warnen: Alles, was ihr im Dunklen sagt, wird am hellen Tag zu hören sein; und was ihr hinter verschlossenen Türen flüstert, wird man von den Dachterassen rufen. Meine Freunde, ich sage euch: Habt keine Angst vor denen, die nur den Leib töten, euch darüber hinaus aber nichts anhaben können. Ich will euch sagen, wen ihr fürchten müsst: Fürchtet den, der euch nach dem Töten auch noch in die Hölle werfen kann. Den müsst ihr fürchten! Ihr wisst doch, dass fünf Spatzen für ein paar Cent(a) verkauft werden. Doch nicht einer wird von Gott vergessen. Und selbst die Haare auf eurem Kopf sind alle gezählt. Habt also keine Angst! Ihr seid doch mehr wert als noch so viele Spatzen.

(a) Wörtlich: zwei Assaria. Die Kupfermünze Assarion war 1/16 Denar wert, d.h. 1/16 Tageslohn eines Arbeiters.

Ich sage euch: Wer sich vor den Menschen zu mir, dem Menschensohn, bekennt, zu dem werde auch ich mich vor den Engeln Gottes bekennen. Wer mich aber vor den Menschen nicht kennen will, den wird auch niemand vor den Gerichtsengeln Gottes kennen. Wer etwas gegen den Menschensohn sagt, dem kann vergeben werden. Wer aber den Heiligen Geist lästert, dem wird nicht vergeben werden.

Wenn sie euch vor die Synagogengerichte zerren oder euch bei den Behörden und Machthabern anzeigen, dann macht euch keine Sorgen, wie ihr euch verteidigen oder was ihr sagen sollt. Der Heilige Geist wird euch in jenem Moment eingeben, was ihr sagen könnt."

Hütet euch vor Habsucht!
Lukas 12,13-21

"Rabbi", wandte sich einer aus der Menge an Jesus, "sag meinem Bruder doch, er soll das Erbe mit mir teilen!" - "Lieber Mann", erwiderte Jesus, "wer hat mich denn als Richter für eure Erbstreitigkeiten eingesetzt?" Dann sagte er zu allen: "Passt auf, und nehmt euch vor jeder Art von Habsucht in Acht! Denn auch wenn einer noch so viel besitzt, kann er sich das Leben nicht kaufen."

Dann erzählte er ihnen ein Gleichnis: "Ein reicher Bauer hatte eine gute Ernte zu erwarten. Er überlegte hin und her: 'Was kann ich tun? Ich weiß gar nicht, wo ich das alles unterbringen soll.' Dann sagte er sich: 'Ich werde meine Scheunen niederreißen und größere bauen. Dort werde ich mein ganzes Getreide und alle meine Vorräte unterbringen können. Und dann werde ich mir sagen, so, jetzt hast du es geschafft! Du bist auf viele Jahre versorgt. Ruh dich aus, iss und trink und genieße das Leben!' Da sagte Gott zu ihm: 'Du Narr! Noch in dieser Nacht wird man das Leben von dir fordern! Wem gehört dann alles, was du dir aufgehäuft hast?' - So geht es jedem, der nur auf seinen Gewinn aus ist, aber bei Gott nichts besitzt."

Hütet euch vor dem Sorgen!
Lukas 12,22-40

Dann wandte sich Jesus wieder an seine Jünger: "Deshalb sage ich euch: Sorgt euch nicht um das Essen, das ihr zum Leben, und die Kleidung, die ihr für den Körper braucht. Das Leben ist doch wichtiger als das Essen und der Körper wichtiger als die Kleidung. Schaut euch die Raben an! Sie säen nicht, sie ernten nicht; sie haben weder Vorratskammern noch Scheunen; und Gott ernährt sie doch. Und ihr? Ihr seid doch viel mehr wert als diese Vögel! Wer von euch kann sich denn durch Sorgen das Leben auch nur um einen Tag(a) verlängern? Wenn ihr also nicht einmal solch eine Kleinigkeit zustande bringt, warum macht ihr euch dann Sorgen um all das andere? Seht euch an, wie die Lilien wachsen. Sie strengen sich dabei nicht an und nähen sich auch nichts. Doch ich sage euch: Selbst Salomo war in all seiner Pracht nicht so schön gekleidet wie eine von ihnen. Wenn Gott sogar die Feldblumen, die heute blühen und morgen ins Feuer geworfen werden, so schön kleidet, wie viel mehr wird er sich dann um euch kümmern, ihr Kleingläubigen! Und ihr? Ihr sollt euch nicht von der Sorge um Essen oder Trinken in Unruhe versetzen lassen. Denn damit plagen sich die Menschen dieser Welt herum. Euer Vater weiß doch, dass ihr das alles braucht! Euch soll es vielmehr um das Reich Gottes gehen, dann wird er euch das andere dazugeben. Hab also keine Angst, du kleine Herde! Euer Vater hat Freude daran, euch sein Reich zu geben. Verkauft euren Besitz und gebt das Geld für die Armen. Und macht euch Geldbeutel, die keine Löcher bekommen; legt euch einen unvergänglichen Schatz im Himmel an, wo kein Dieb ihn findet und keine Motte ihn zerfrisst. Denn euer Herz wird immer dort sein, wo ihr euren Schatz habt."

(a) Wörtlich: eine Elle. Der Ausdruck ist hier im übertragenen Sinn gebraucht.

"Haltet euch bereit und sorgt dafür, dass eure Lampen brennen. Ihr müsst wie Sklaven sein, die auf ihren Herrn warten, der auf der Hochzeit ist. Wenn er dann zurückkommt und an die Tür klopft, können sie ihm sofort aufmachen. Sie dürfen sich freuen, wenn der Herr sie bei seiner Ankunft wach und dienstbereit findet. Ich versichere euch: Er wird sich die Schürze umbinden, sie zu Tisch bitten und sie selbst bedienen. Vielleicht kommt er spät in der Nacht oder sogar erst am frühen Morgen. Sie dürfen sich jedenfalls freuen, wenn er sie bereit findet.

Und das ist doch klar: Wenn ein Hausherr wüsste, zu welchem Zeitpunkt der Dieb kommt, würde er wach bleiben und nicht zulassen, dass in sein Haus eingebrochen wird. So solltet auch ihr immer bereit sein, denn der Menschensohn wird dann kommen, wenn ihr es gerade nicht erwartet."

Leiten ist Verantwortung
Lukas 12,41-48

"Herr", fragte Petrus, "meinst du mit diesem Gleichnis uns oder auch alle anderen?" Der Herr aber sagte: "Wer ist denn der treue und kluge Verwalter, dem sein Herr die Verantwortung überträgt, der ganzen Dienerschaft zur rechten Zeit das Essen zuzuteilen? Wenn nun sein Herr kommt und ihn bei dieser Arbeit findet - wie sehr darf sich dieser Sklave freuen! Ich versichere euch: Sein Herr wird ihm die Verantwortung über seine ganze Habe übertragen. Wenn jener Sklave aber denkt: 'Mein Herr kommt noch lange nicht', und anfängt, die Dienerschaft zu schikanieren, während er sich selbst üppige Mahlzeiten gönnt und sich betrinkt, dann wird sein Herr an einem Tag zurückkommen, an dem er es nicht erwartet, und zu einer Stunde, die er nicht vermutet. Er wird seinem Sklaven dasselbe Los bereiten wie den Treulosen, und ihn in Stücke hauen lassen. Jeder Sklave, der den Willen seines Herrn kennt, sich aber nicht darauf einstellt und tut, was sein Herr will, wird hart bestraft werden. Wer ihn dagegen nicht kennt und etwas tut, wofür er Strafe verdient hätte, wird mit einer leichteren Strafe davonkommen. Wem viel gegeben wurde, von dem wird viel gefordert werden, und wem viel anvertraut ist, von dem wird man viel verlangen."

Jesus bringt keinen Frieden
Lukas 12,49-53

"Ich bin gekommen, um ein Feuer auf der Erde anzuzünden, und ich wünschte, es würde schon brennen. Aber mir steht eine Taufe bevor und ich bin sehr bedrückt, bis sie vollzogen ist. Denkt ihr vielleicht, dass ich gekommen bin, Frieden auf die Erde zu bringen? Nein, sage ich euch, sondern Entzweiung. Denn von jetzt an wird es so sein: Wenn fünf Menschen in einem Haus wohnen, werden sich drei gegen zwei stellen und zwei gegen drei. Der Vater wird gegen den Sohn sein und der Sohn gegen den Vater, die Mutter gegen die Tochter und die Tochter gegen die Mutter, die Schwiegermutter wird gegen die Schwiegertochter sein und die Schwiegertochter gegen die Schwiegermutter."

Das Richtige tun
Lukas 12,54-59

Jesus wandte sich wieder an die Menschenmenge und sagte: "Wenn ihr im Westen eine Wolke aufsteigen seht, sagt ihr gleich: 'Es gibt Regen', und dann regnet es auch. Und wenn ihr merkt, dass der Südwind weht, sagt ihr: 'Es wird Hitze geben', und so kommt es dann auch. Ihr Heuchler! Das Aussehen von Himmel und Erde könnt ihr richtig einschätzen. Wieso könnt ihr dann die Zeichen dieser Zeit nicht beurteilen? Warum könnt ihr nicht selbst entscheiden, was vor Gott recht ist?

Wenn du jemand eine Schuld zu bezahlen hast und mit ihm vor Gericht musst, dann gib dir unterwegs alle Mühe, dich mit ihm zu einigen, damit er dich nicht vor den Richter schleppt. Denn dort wirst du womöglich verurteilt, dem Gerichtsdiener übergeben und ins Gefängnis geworfen. Ich sage dir, du kommst dort erst wieder heraus, wenn du den letzten Cent(a) bezahlt hast."

(a) Wörtlich: Lepton, die kleinste damalige Münze. Ein Lepton ist der 128. Teil eines Denars, eines Tagelohns.

Waren sie wirklich unschuldig?
Lukas 13,1-5

Um diese Zeit kamen einige Leute zu Jesus und berichteten ihm von den Galiläern, die Pilatus beim Opfern umbringen ließ, so dass sich ihr Blut mit dem ihrer Opfertiere vermischte. Da sagte Jesus zu ihnen: "Meint ihr, diese Leute seien schlimmere Sünder gewesen als die anderen Galiläer, weil sie so grausam zu Tode kamen? Nein, sage ich euch; und wenn ihr eure Einstellung nicht ändert, werdet ihr alle ebenso umkommen! Oder denkt an die achtzehn, die beim Einsturz des Schiloach-Turms(b) ums Leben kamen. Meint ihr, dass sie mehr Schuld auf sich geladen hatten als die anderen Einwohner Jerusalems? Nein, sage ich euch; und wenn ihr eure Einstellung nicht ändert, werdet ihr alle ebenso umkommen!"

(b) Turm in der Nähe des Schiloach-Teichs, ganz im Süden Jerusalems.

Der Feigenbaum
Lukas 13,6-9

Dann erzählte Jesus folgendes Gleichnis: "Ein Mann hatte einen Feigenbaum in seinem Weinberg stehen. Doch wenn er kam, um nach Früchten zu sehen, fand er keine. Schließlich sagte er zu seinem Gärtner: 'Seit drei Jahren suche ich Frucht an diesem Feigenbaum und finde keine. Hau ihn um! Wozu soll er den Boden aussaugen?' 'Herr', erwiderte der Gärtner, 'lass ihn dieses Jahr noch stehen! Ich will den Boden um ihn herum aufgraben und düngen. Vielleicht trägt er dann im nächsten Jahr Frucht - wenn nicht, kannst du ihn umhauen lassen.'"

Winter in Jerusalem
Johannes 10,22-42

Damals war gerade Winter, und in Jerusalem fand das Fest der Tempelweihe(a) statt. Auch Jesus hielt sich im Tempel auf, in der Säulenhalle Salomos. Da umringten ihn die Juden und fragten: "Wie lange willst du uns noch hinhalten? Wenn du der Messias bist, dann sage es frei heraus!" - "Ich habe es euch doch schon gesagt", erwiderte Jesus, "aber ihr glaubt mir ja nicht. Alles, was ich im Namen meines Vaters tue, beweist, wer ich bin. Aber ihr gehört nicht zu meiner Herde, wie ich euch schon gesagt habe, und darum glaubt ihr nicht. Meine Schafe hören auf meine Stimme. Ich kenne sie, sie folgen mir und ich gebe ihnen das ewige Leben. Sie werden niemals verloren gehen und niemand wird sie mir entreißen. Denn mein Vater, der sie mir gegeben hat, ist größer als alles, was es gibt; niemand kann sie ihm entreißen. Ich und der Vater sind eins."

(a) Das Fest wurde zur Erinnerung an die Wiedereinweihung des Tempels 164 v.Chr. durch die Makkabäer gefeiert. Seine Entweihung durch den heidnischen Herrscher Antiochus Epiphanes IV. führte 167 v.Chr. zum Makkabäeraufstand.

Da hoben die Juden wieder Steine auf, um ihn damit zu töten. Jesus sagte ihnen: "Viele gute Werke habe ich im Auftrag meines Vaters unter euch getan. Für welches davon wollt ihr mich steinigen?" - "Wegen eines guten Werkes steinigen wir dich nicht", wüteten die Juden, "sondern wegen Gotteslästerung! Denn du machst dich selbst zu Gott, obwohl du nur ein Mensch bist." Jesus erwiderte: "Steht in eurem Gesetz nicht auch der Satz: 'Ich habe gesagt, ihr seid Götter!'(b)? Wenn also diejenigen Götter genannt werden, an die das Wort Gottes erging - und die Schrift kann nicht außer Kraft gesetzt werden - wie könnt ihr da behaupten: 'Du lästerst Gott!', weil ich sagte: 'Ich bin Gottes Sohn'; ich, der vom Vater gerade dazu erwählt und in die Welt gesandt wurde? Wenn das, was ich tue, nicht die Werke meines Vaters sind, müsst ihr mir nicht glauben. Sind sie es aber, dann lasst euch wenigstens von den Werken überzeugen, wenn ihr schon mir nicht glauben wollt. An ihnen müsstet ihr doch erkennen, dass der Vater in mir ist, und dass ich im Vater bin." Da versuchten sie wieder, ihn festzunehmen. Aber er entzog sich ihren Händen.

(b) Psalm 82,6

Er überquerte den Jordan und ging an die Stelle, an der Johannes getauft hatte. Dort blieb er, und viele Menschen kamen zu ihm. "Johannes hat zwar keine Wunder getan", sagten sie, "aber alles, was er über diesen Mann gesagt hat, entspricht der Wahrheit." So kamen dort viele zum Glauben an Jesus.

Empörung in der Synagoge
Lukas 13,10-21

Als Jesus am Sabbat in einer Synagoge lehrte, befand sich eine Frau unter den Zuhörern, die seit achtzehn Jahren krank war. Ein böser Geist hatte sie verkrüppeln lassen. Sie war ganz verkrümmt und konnte sich nicht mehr aufrichten. Als Jesus sie sah, rief er sie zu sich: "Frau", sagte er, und legte ihr die Hände auf, "du bist frei von deinem Leiden!" Sofort konnte sie sich wieder aufrichten, und sie lobte Gott. Der Synagogenvorsteher aber ärgerte sich darüber, dass Jesus am Sabbat heilte, und sagte zu der versammelten Menge: "Es gibt sechs Tage, die zum Arbeiten da sind. Kommt an diesen Tagen, um euch heilen zu lassen, aber nicht am Sabbat." Der Herr entgegnete ihm: "Ihr Heuchler! Jeder von euch bindet am Sabbat seinen Ochsen oder Esel von der Krippe los und führt ihn zur Tränke. Und diese Frau hier, die der Satan achtzehn Jahre lang gebunden hatte, und die doch eine Tochter Abrahams ist, sie sollte an einem Sabbat nicht von ihrer Fessel befreit werden dürfen?" Diese Antwort beschämte seine Widersacher. Aber das ganze Volk freute sich über die wunderbaren Dinge, die durch Jesus geschahen.

Dann sagte Jesus: "Welches Bild kann das Reich Gottes am besten wiedergeben? Womit soll ich es vergleichen? Es gleicht einem Senfkorn(a), das ein Mann in seinen Garten sät. Es geht auf und wächst und wird zu einem Baum, in dessen Zweigen Vögel nisten können." - "Womit soll ich das Reich Gottes noch vergleichen?", sagte Jesus. "Es ist wie mit dem Sauerteig, den eine Frau nimmt und unter einen halben Sack(b) Mehl mischt. Am Ende ist die ganze Masse durchsäuert."

(a) Gemeint ist wahrscheinlich der "Schwarze Senf" ( Brassica nigra), dessen 1 mm großes Samenkorn in Israel für seine Kleinheit sprichwörtlich war.
(b) Wörtlich: drei Sata.Ein Saton war ein Hohlmaß und fasst etwa 13 Liter.